Die Geschichte der Teilung Deutschlands hat mich schon immer fasziniert: Als Kind in Nordhessen im „Zonenrandgebiet“ groß geworden war die Teilung Deutschlands für mich gelebte Realität – mit Besuchen an der Grenze mit DDR-Fernsehen zu Hause. Bis alles anders wurde am 9. November 1989.
Zusammen mit meinem Team habe ich 25 Jahre danach eine Video-Doku gedreht und Zeitzeugen getroffen. Die Proteste hatten im Herbst 1989 an Fahrt aufgenommen und es war überhaupt nicht klar, ob alles friedlich bleiben würde, denn genauso hätten vor der Leipziger Nikolaikirche tödliche Schüsse fallen können. Wie so oft, wenn Menschen gegen das Regime der DDR aufbegehrten. Tödliche Schüsse an der Mauer, tödliche Schüsse an der so genannten Zonengrenze: Wie Menschen die DDR erlebt haben, warum sie gingen oder blieben und was der 9. November bis heute, 25 Jahre danach, für sie bedeutet, das zeigt unsere Dokumentation. Einige Ausschnitte möchte ich hier vorstellen.
Wilfried Seiring ist mit einer S-Bahnfahrkarte über die Grenzübergangsstelle Friedrichsstraße in den Westen ausgereist – kurz bevor die Mauer gebaut wurde. Jahrelang lebte er von seiner Familie getrennt und wurde selbst im Westen von der Staatssicherheit bespitzelt.
Nach seiner Flucht kam er in das Notaufnahmelager Marienfelde – dort berichtet er als Zeitzeuge heute Schülergruppen von seinen Erlebnissen.
Hans Genthe lebt seit 1983 in Westdeutschland – am 9. November war er Pfarrer im Odenwald, heute ist er in Bad Soden tätig. Er hat die tödliche Grenze und die Staatssicherheit von beiden Seiten erlebt: Bis 1983 als Pfarrerssohn und Theologie-Student hat er die Kirche als Schutzraum für Protest erlebt. Mit seiner Frau reiste er 1983 im Zuge der Familienzusammenführung relativ problemlos in den Westen aus. Nach dem 9. November konnte er erstmals wieder in die Heimat.
Rasmus Bertram ist heute Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau – am 9. November 1989 war er Vikar in einer Gemeinde in der Nähe von Leipzig. Als Kind ist er an der so genannten Zonengrenze groß geworden, die westliche Seite wenige Meter weit im Blick, in der Sperrzone. Als Vikar zog es ihn nach Leipzig in die Nikolaikirche – er war Teil der vielen, die dort gegen die DDR-Diktatur protestiert haben.
Bis vor wenigen Wochen war Karin Felix im Deutschen Bundestag tätig: Sie führte Gruppen, Diplomaten und Politiker durch das Reichstagsgebäude.
In einem Buch veröffentlicht sie in diesem Herbst ihre Arbeit: Felix hat sämtliche Schriften russischer Soldaten an den Wänden des Reichstagsgebäudes ins Deutsche übersetzt. Seit Sommer ist sie im Ruhestand – den 9. November erlebte sie von östlicher Seite, bevor sie im Besucherdienst der Volkskammer der DDR einen neuen Job annahm.
Dorli Gissler ist heute in der Gedenkstätte Bernauer Straße in Berlin tätig. Die Proteste gegen die DDR erlebte sie in Berlin auf dem Alexanderplatz.
An Ausreise oder Flucht dachte sie nie: Ihr Platz war in der DDR mit einer Mischung aus Angst und der Vorstellung, vor Ort etwas ändern zu müssen.
Auch Gissler hat die Evangelische Kirche als Schutzraum erlebt und berichtet von ihren Gefühlen zur Zeit des Aufbruchs in der DDR.
Das war ein spannender Dreh für diese Doku – vielen Dank für alle Unterstützung bei Dreh und Produktion an Jörn von Lutzau, Tobias Mayer und Jakob Dettmar.